Oktober 17, 2022

Ärzte zu Beginn der Niederlassung – Was ist aus steuerlicher Sicht zu beachten?

Eine Person in einem blauen Hemd hält einen Stift und benutzt einen Taschenrechner neben einem Klemmbrett mit Papier, einer Brille und einem Stethoskop. Daneben befindet sich eine Tastatur. Medizinische Symbole sind über das Bild gelegt und verweisen subtil auf das Thema „Niederlassung“ im Gesundheitswesen.
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Steuern bei niedergelassenen Ärzten

Der Wechsel aus dem Angestelltenverhältnis in die Niederlassung stellt viele Ärzte zunächst vor eine große Herausforderung. Bei diesem Schritt ist auch eine Vielzahl an steuerlichen und betriebswirtschaftlichen Punkten frühzeitig zu beachten – ansonsten droht schnell ein böses Erwachen.

Worauf sollten niedergelassene Ärzte bei der Existenzgründung achten?

Rechtzeitige Anzeige der selbständigen Tätigkeit an das Finanzamt:
Die Anzeige hat gemäß § 138 Abs. 1b iVm. Abs. 4 AO binnen vier Wochen ab Aufnahme der Tätigkeit zu erfolgen. Mangels vorzunehmender Gewerbeanmeldung erhält das Finanzamt nicht automatisch Kenntnis über die Aufnahme der freiberuflichen Tätigkeit der Ärzte. Zudem ist dem Finanzamt noch zusätzlich ein ausgefüllter Fragebogen zur steuerlichen Erfassung einzureichen. Auf Basis dessen erteilt das Finanzamt dem Arzt dann auch eine Steuernummer, welche er u.a. auf seinen Rechnungen mit angeben muss.

Im Falle des Erwerbs einer Praxis:
Prüfung der Angemessenheit des geforderten Kaufpreises/Praxisbewertung, Prüfung der zu übernehmenden Verträge des vorherigen Praxisinhabers (bspw. Miet-, Leasing oder Arbeitsverträge)
Für mehr dazu lesen Sie unseren Blog zum Praxisübernahmevertrag.

Im Falle der Neugründung einer Praxis:
Geeignete Standortwahl, Personalplanung, Liquiditätsplanung, etc.

Bei Beschäftigung von Angestellten:
Rechtzeitige Meldungen bei der zuständigen Berufsgenossenschaft, den zuständigen Krankenkassen, fristgerechte Abgabe von Lohnsteuer-Anmeldungen etc.

Geeignetes Finanzierungskonzept, Businessplan/ Liquiditätsberechnung

Existenzgründung: Welche Steuern Ärzte zahlen müssen

Die Einkommensteuer

Ärzte, die eine Einzelpraxis führen, müssen auf den Gewinn, den ihre Praxis erwirtschaftet, Einkommensteuer an das Finanzamt zahlen.

Der Gewinn der Praxis wird im Regelfall im Rahmen einer sogenannten „Einnahmen-Überschuss-Rechnung“ (EÜR) ermittelt. Hierbei werden die erzielten Betriebseinnahmen den getätigten Betriebsausgaben gegenübergestellt. Dabei greift das sog. „Zufluss-/ Abfluss-Prinzip“, sprich die Betriebseinnahme wird im Zeitpunkt des Geldeingangs und die Betriebsausgabe im Zeitpunkt des Geldabgangs realisiert.

Größere Anschaffungen (grundsätzlich bei einem Wert von über 250€) wirken sich nicht direkt im Zeitpunkt des Kaufs als Betriebsausgabe aus, sondern werden über einen bestimmten Zeitraum abgeschrieben. Die anteilige, jährliche Abschreibung stellt dann die entsprechende Betriebsausgabe dar. Der Kaufpreis für den Erwerb einer bestehenden Arztpraxis wird ebenfalls abgeschrieben.

Schließen sich mehrere Ärzte im Rahmen einer Berufsausübungsgemeinschaft zusammen, wird zunächst für die gesamte Gesellschaft ein Praxisgewinn ermittelt, welcher dann im Rahmen einer gesonderten Steuererklärung auf die einzelnen beteiligten Ärzte aufgeteilt wird. Der jeweils anteilig erzielte Gewinn unterliegt dann bei den jeweils beteiligten Ärzten der persönlichen Einkommensteuer. Die Höhe der Einkommensteuer bemisst sich nach der Höhe des Gewinns, der Höhe evtl. zusätzlicher Einkünfte (z.B. Vermietungseinkünfte) und der Höhe von sonstigen abzugsfähigen Aufwendungen (z.B. Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen). Der Steuerhöchstsatz liegt derzeit bei 42 % bzw. 45 % (Reichensteuer). Hinzu kommen noch ggf. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer.

Die Höhe der Einkommensteuer wird im Rahmen der jährlichen Einkommensteuererklärung ermittelt. Selbständige zahlen im Regelfall aber bereits vierteljährliche Vorauszahlungen zur Einkommensteuer, die dann auf die finale zu zahlende Einkommensteuer angerechnet werden. Ausnahme hiervon sind MVZ, die in Form einer Kapitalgesellschaft (z.B. GmbH) betrieben werden. Hier unterliegt der erzielte Gewinn der Körperschaft- und Gewerbesteuer.

Die Umsatzsteuer

Von Ärzten erbrachte Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin sind im Regelfall gemäß § 4 Nr. 14a UStG von der Umsatzsteuer befreit. Im Gegenzug kann der Arzt aus seinen Anschaffungen für die Praxis und sonstigen für die Praxis bezogenen Lieferungen und Leistungen keine Vorsteuer ziehen.

Bestimmte ärztliche Leistungen, wie bspw. besondere IGeL unterliegen hingegen der Umsatzsteuer. Haben die hieraus erzielten Umsätze im vorangegangenen Jahr die Grenze in Höhe von EUR 22.000,00 nicht überstiegen und liegen sie im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich unter einem Betrag in Höhe von EUR 50.000,00, können Ärzte die sogenannte „Kleinunternehmer-Reglung“ gemäß § 19 UStG in Anspruch nehmen. Sie müssen dann keine Umsatzsteuer in Rechnung stellen, können im Gegenzug aber auch keine Vorsteuer geltend machen.

Steuerfallen in der Arztpraxis

Hohe Einkommensteuernachzahlungen

Insbesondere zu Beginn der Selbständigkeit aber auch später sollte stets in regelmäßigen zeitlichen Abständen durch den Steuerberater die Gewinnentwicklung und die hieraus resultierende Höhe der zu zahlenden Einkommensteuer überprüft werden, damit die laufenden Einkommensteuervorauszahlungen entweder unterjährig der Höhe nach angepasst werden können oder der Arzt zumindest entsprechende Rücklagen bilden kann – ansonsten drohen mit Abgabe der Einkommensteuererklärung böse Überraschungen in Form von hohen Steuernachzahlungen!

Gewerbesteuer

Ärzte erzielen im Rahmen ihrer freiberuflichen Praxistätigkeit im Regelfall Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18 EStG) und unterliegen hierbei nicht der Gewerbesteuer.

Vorsicht ist geboten, wenn ein Arzt im Rahmen seiner Praxistätigkeit noch eine zusätzliche gewerbliche Nebentätigkeit ausübt, beispielsweise in Form des Verkaufs von Nahrungsergänzungsmitteln, Zahnbürsten, Kontaktlinsen/ -pflegemitteln, etc..

Übersteigt dieser Verkauf bestimmte Grenzen (Umsätze mehr als drei Prozent der Gesamtumsätze der Praxis bzw. höher als EUR 24.500,00) werden aus der zusätzlichen Tätigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Dies ist besonders tückisch, wenn diese zusätzliche Nebentätigkeit im Rahmen einer Personengesellschaft (bspw.: Berufsausübungsgemeinschaft) erzielt wird. Dann liegt nicht nur hinsichtlich der Nebentätigkeit eine gewerbliche Tätigkeit vor, sondern der gesamte übrige ansonsten freiberufliche Praxisgewinn wird zu einem gewerblichen Gewinn (sog. „gewerbliche Infizierung“). Dies hat zur Folge, dass der gesamte durch die Praxisgemeinschaft erzielte Gewinn noch zusätzlich der Gewerbesteuer unterliegt.

Umsatzsteuer

Grundsätzlich unterliegen von Ärzten erbrachte Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin nicht der Umsatzsteuer. Werden darüber hinaus aber bestimmte IGeL erbracht, unterliegen diese grundsätzlich der Umsatzsteuer. Unter Umständen kann hierfür die umsatzsteuerliche Kleinunternehmer-Regelung gemäß § 19 UStG in Anspruch genommen werden, damit ihre zusätzlichen Leistungen nicht der Umsatzsteuer unterworfen werden müssen; vgl. auch Punkt „Existenzgründung: Welche Steuern Ärzte zahlen müssen“.

Ärzte sollten sich jedoch rechtzeitig mit diesem Thema auseinandersetzen und durch ihren Steuerberater prüfen lassen, welche Leistungen der Umsatzsteuer unterliegen und welche nicht. Ansonsten droht im Rahmen einer späteren Betriebsprüfung, die im Regelfall für mehrere Jahre erfolgt, die Gefahr von evtl. hohen Umsatzsteuernachzahlungen nebst möglicher Einleitung eines Steuerstrafverfahrens wegen Steuerhinterziehung.

Fazit

Insbesondere die Anfangsphase der Selbständigkeit ist eine Phase, in der viele wichtige Entscheidungen getroffen werden müssen und in der viele wichtige Punkte zu beachten sind. Daher sollte rechtzeitig ein Steuerberater mit einschlägigen Erfahrungen im Zusammenhang mit der Beratung von Medizinern ins Boot geholt werden.

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